Klassenerhalt? Für Siegen und Sprockhövel wäre es ein Wunder
Für die TSG Sprockhövel und die Sportfreunde Siegen fällt die Zwischenbilanz nach dem ersten Drittel der Regionalliga-Saison düster aus.
„Nie mehr Oberliga“ schallte es am 21. Mai durch das Leimbachstadion. Spieler und Fans ließen Trainer Ottmar Griffel hochleben. Die Sportfreunde Siegen hatten mit einem beeindruckenden 5:0-Sieg über Stadtlohn die direkte Rückkehr in die Fußball-Regionalliga perfekt gemacht. Zwei Tage später jubelte auch Sprockhövel. Der TSG reichte auch eine 0:2-Niederlage gegen Neuenkirchen und Platz 3, um aufzusteigen. Der Vizemeister aus Erkenschwick hatte keine Lizenz beantragt.
Knapp fünf Monate später sind Feiern selten geworden in Siegen und Sprockhövel. Die beiden westfälischen Liga-Neulinge rangieren ziemlich abgeschlagen am Tabellenende. Insgesamt haben sie erst einen einzigen Sieg in Liga vier feiern können. Dieser resultierte bezeichnenderweise aus dem direkten Aufeinandertreffen: Mit 4:1 gewannen die Sportfreunde vor gut einem Monat gegen die TSG.
Das bewahrte Ottmar Griffel nicht vor dem Rauswurf. Sein Nachfolger sagt: „Es wäre ein Wunder, wenn wir den Klassenerhalt noch schaffen.“ Thorsten Seibert gibt sich keinen Illusionen hin, er weiß, dass er eine ganz schwere Aufgabe bei den Sportfreunden übernommen hat. Die Stimmungslage ist angespannt, auch weil die „schwache Leistung“ im Westfalenpokal-Heimspiel (1:3 gegen Rödinghausen) in Seiberts Augen mal wieder „ein Rückschritt“ war.
Am Dienstagabend kassierte Siegen aber – immerhin – nicht mehr als drei Gegentore. Bei der Abwehrbilanz der Sportfreunde ist das ein Durchschnittswert. „Massive Defensivprobleme“ beklagt Seibert wenig überraschend – nimmt bei seiner Kritik aber keinen Spieler oder Mannschaftsteil aus.
Die zweitschlechteste Verteidigung hat Sprockhövel. Der Grund liegt für Ulrich Meister auf der Hand: „Das Fehlen von Raoul (Meister, Anm. d. Red.) konnten wir nicht auffangen. Er hätte die Mannschaft anführen müssen, er ist unser Stabilisator, der wichtigste Mann“, erläutert der Abteilungsleiter. Die Rede ist von seinem lange Zeit verletzten Neffen, mit 28 Jahren einer der wenigen erfahrenen Spieler im Kader. Dieser rekrutiert sich im wesentlichen aus der A-Jugend der Saison 2014/15. Durchschnittsalter des TSG-Aufgebots heute: 21,5 Jahre.
Der Jugendstil ist fest in der Philosophie des Baumhof-Klubs verankert. Von den zumindest semi-professionellen Strukturen, die in der Regionalliga üblich sind, ist man in Niedersprockhövel weit entfernt. Das wirkt sich regelmäßig so aus, dass die TSG ihre Heimspiele gegen die „Großen“ der Liga ins Hagener Ischelandstadion verlegen muss. „Ein zusätzliches Auswärtsspiel“, wie Meister festhält.
Dass es in Liga vier bisher nicht viel zu holen gab, hat aber wohl andere Gründe. „Uns fehlt vorne die letzte Effizienz“, sagt Meister. Die Frage, ob der Verein in der Winterpause vielleicht noch einen gestandenen Stürmer verpflichtet, beantwortet er mit einem Lachen.
Ein Wiederabstieg wäre wohl keine Schande. „Es wird schwer. Es geht zunächst darum, den Anschluss wieder herzustellen“, sagt Meister, wenn er nach den Chancen auf den Klassenerhalt befragt wird. Es ist einfach nicht von der Hand zu weisen, dass die Kicker aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis in dieser Spielzeit vor allem ein Abenteuer erleben. Meister macht stolz, „dass wir mit unseren Möglichkeiten gegen Vereine wie Rot-Weiss Essen und Alemannia Aachen um Punkte spielen dürfen.“
Die Ansprüche in Siegen sind da schon andere. „Wir machen uns selber Druck, weil wir die Klasse halten wollen“, berichtet Seibert. Die Veränderung auf dem Trainerposten dürfte nicht die letzte gewesen sein. Seibert denkt dabei an das Team hinter dem Team – zum Beispiel an einen Athletiktrainer.
Verl und Wiedenbrück als Vorbilder
Ansonsten geht der Blick zu den Konkurrenten aus Verl, Wiedenbrück und auch aus Wattenscheid. Klubs, die es geschafft haben, sich in der Regionalliga zu etablieren. „Jeder auf seine individuelle Weise“, sagt Seibert, „den klassischen Siegener Weg haben wir aber noch nicht gefunden.“
Zu siegen wäre ein Anfang – nicht nur gegen Sprockhövel.
Elmar Redemann
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