Michael Solbach: „Profi-Fußball ist für mich wie Zirkus“
Michael Solbach kam eher durch Zufall zur TSG. Heute ist er Fan und zudem Fan-Beauftragter des Vereins. Früher war er Leistungsschwimmer.
Wer Michael Solbach in einer Menschenmenge ausmachen will, der wird schnell fündig. Denn Michael Solbach sticht aus der Masse heraus wie ein Leuchtturm aus einer Dünenlandschaft. Die meisten seiner Mitmenschen überragt er um Haupteslänge. Michael Solbach ist 1,98 Meter groß und der Fan-Beauftragte der TSG Sprockhövel. Er kümmert sich um die Anhänger der TSG, und er ist selbst ein Fan dieses Vereins. Aber dieser Weg war keineswegs vorgezeichnet, denn mit Fußball hatte Michael Solbach in seiner Jugend überhaupt nichts am Hut.
Durch Salvatore Prestipino zur TSG
Selbst in einem Verein gespielt hat er nie. Michael Solbach war Schwimmer, ein richtig guter sogar. Zum Fußball kam er dann eher durch Zufall. Und dieser Zufall hat auch einen Namen – nämlich Salvatore Prestipino. Der war in dem Velberter Betrieb, in dem Michael Solbach als Industriekaufmann arbeitete, als Azubi eingestellt, und weil Solbach und Prestipino sehr kommunikative Menschen sind, kam man ins Gespräch und gab schon bald auch etwas über das jeweilige Hobby preis.
Das von Prestipino war der Fußball, der Italiener spielte für die TSG Sprockhövel. „Er hat mir von der tollen Atmosphäre im Baumhof erzählt. Ich bin dann ein bisschen neugierig geworden und einfach einmal gucken gegangen“, erinnert sich Solbach, der sich unter den Sprockhöveler Zuschauern auch gleich wohl fühlte. Und er registrierte schnell, dass die TSG-Anhänger ein bisschen anders gestrickt sind als die Fans anderer höherklassiger Vereine. Denn die klassischen Fußball-Fans gibt es in Sprockhövel eigentlich gar nicht.
Die Sprockhöveler Fans ticken etwas anders
„Die Menschen hier sind schon ein bisschen anders, sie sind im Schnitt vielleicht auch ein bisschen älter als die Zuschauer bei anderen Vereinen. In erster Linie sind sie aber offen und freundlich. Und wenn man ein bisschen länger dabei ist, dann spürt man auch dieses Familiäre, das diesen Verein auszeichnet. Hier ist es egal, wer man ist, welchem Geschlecht oder welcher Nationalität man angehört, ob man groß oder klein ist. Das alles ist egal, das zählt nicht“, sagt Solbach.
Ansprechpartner für alle Fans
Seine Aufgaben als Fan-Beauftragter erfüllt er gerne. Natürlich kümmert er sich um die heimischen Fans, versorgt sie mit Informationen über die Auswärtsfahrten, sagt ihnen, wann und wie sie ins Stadion kommen oder organisiert auch Fahrgemeinschaften. Aber Michael Solbach ist auch Ansprechpartner für die Fans gegnerischer Vereine. Und die sind manchmal schon ein bisschen anders, was dann auch in der Regionalliga-Saison 2016/2017 deutlich wurde – in einer Saison, in der es auch um Sicherheit ging.
Kleine Gruppe in großen Stadien
In Sprockhövel gibt es keine Problemfans, bei anderen Vereinen aber schon. Aber wenn man mit den Fans anderer Vereine in Kontakt tritt, wenn man sie etwas besser kennt, dann kann das schon zur Entspannung beitragen.
Richtig kritische Situationen gab es bei TSG-Spielen aber auch in der Regionalliga-Saison nicht. Beim Heimspiel gegen die U 23 von Borussia Dortmund im Hagener Ischeland-Stadion wurden von den in Tausender-Stärke angereisten BVB-Fans zwar auch einige Pyros gezündet, was die TSG Sprockhövel als Ausrichter des Spiels dann einige Euros gekostet hat, doch letztlich blieb alles friedlich. „Das BVB-Spiel gehörte sicher zu den absoluten Höhepunkten der Saison, wie auch die Auswärtsspiele gegen Alemannia Aachen oder Rot-Weiss Essen“, sagt Michael Solbach, der sich mit einem Schmunzeln an diese Partien erinnert: „Da ist man dann mit einem kleinen Sprockhöveler Grüppchen in diesen großen Stadien, und dann kommt da plötzlich unsere Mannschaft aus dem Spielertunnel. Das ist schon ein bisschen komisch.“
Nach Niederlagen nicht böse
Solche Situationen hat der 46-Jährige genossen, und natürlich hat er sich auch über Siege der TSG gefreut. Niederlagen haben ihn dagegen nie allzu lange beschäftigt. „Das ist schnell abgehakt“, sagt Michael Solbach. „Und hier wird ja auch keiner böse, wenn es einmal nicht so läuft. Auf wen soll man denn auch böse sein. Man weiß ja, was die Menschen, die sich in ihrer Freizeit um den Verein kümmern, vorher geleistet haben. Hier wird nach ein paar Niederlagen ja auch kein Trainer entlassen. Ich denke, dass das auch etwas ist, was diesen Verein ausmacht.“
Fußball ist für Michael Solbach nur im Zusammenhang mit der TSG interessant. Er sympathisierte früher zwar auch einmal mit dem FC St.Pauli, und mit seinem älteren Sohn Lorenzo, der Anhänger des MSV Duisburg ist, hat er sich auch ein Spiel gegen Bielefeld angeschaut, doch generell will Michael Solbach mit dem Profi-Fußball nichts zu tun haben. „Damit kann ich nichts anfangen, das ist für mich Zirkus, da geht es in erster Linie um den Kommerz, das hat kein Flair.“
Lieber Fußball bei den Amateuren
Dann also doch lieber Fußball bei den Amateuren und am liebsten Fußball bei der TSG Sprockhövel, die Michael Solbachs Verein geworden ist – seit der Begegnung mit Salvatore Prestipino, der ihm von der entspannten Atmosphäre im Baumhof erzählt hatte. Und diese Atmosphäre genießt Michael Solbach immer noch. Salvatore Prestipino dagegen nicht mehr: Denn der hat die TSG schon im Jahr 2004 in Richtung Bayer Wuppertal verlassen. Inzwischen ist der Italiener 39 Jahre alt, und hat seine Karriere Spieler längst beendet.
Heiner Wilms