1. Mannschaft

„Wichtig ist, dass man eine Perspektive hat“

Die Saison 2017/2018 ist zwar erst zur Hälfte rum, doch Fußball-Oberligist TSG Sprockhövel beschäftigt sich schon mit der Spielzeit, die darauf folgt. Die T-Frage ist auch schon geklärt. Das komplette Trainer-Team macht weiter – mit Andrius Balaika (39) an der Spitze. Wir sprachen mit dem Litauer.

Kurz nach der Vertragsverlängerung haben Sie gesagt: Es ist ja kein Geheimnis, dass ich mich in Sprockhövel wohl fühle. Was meinten Sie denn konkret damit?

Balaika: In erster Linie das ruhige Umfeld. Da geht es bei anderen Vereinen ja ganz anders zu. Da läuft es manchmal recht chaotisch, wie die Beispiele Marl-Hüls und Hassel gezeigt haben. Beide Vereine haben ihre Mannschaften ja aus der Oberliga zurückgezogen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas bei uns passieren kann. Die Leute drumherum sind verlässlich, man kann ihnen vertrauen. Man kann sich hier in Ruhe entwickeln – auch als Trainer. Außerdem ist der Verein bodenständig und bescheiden geblieben. Man lebt hier in Sprockhövel nicht über seine Verhältnisse.

In der Vorsaison haben Sie auch erlebt, wie es in der Regionalliga zugeht. Große Vereine, große Stadien. Wäre das nichts für Sie?

Wir alle haben die Zeit in der Regionalliga sehr genossen. Aber wir haben auch alle gemerkt, wie anstrengend diese Zeit war. Dieses Jahr hat viel Kraft gekostet.
Heißt das im Klartext: Die Saison in der Regionalliga war schön, aber es ist auch gut, dass sie Vergangenheit ist?
Nein, das wollte ich damit nicht sage. Ich hätte diese Zeit gerne verlängert, es wäre schön gewesen, wenn wir drin geblieben wären? Aber jetzt sind wir in der Oberliga gut aufgehoben.
Ein Trainer-Job in der Regionalliga, dann vielleicht bei einem anderen Verein, reizt Sie also gar nicht?
Vielleicht mal irgendwann in der Zukunft. Zurzeit aber nicht.

Dass Sie in Sprockhövel verlängert haben, ist ja keine Überraschung. Aber ein Selbstläufer war die Verlängerung auch nicht – oder?

Wichtig sind die Bedingungen, unter denen man arbeitet. Und wichtig ist auch, dass man eine Perspektive hat, dass man mit einer entwicklungsfähigen Mannschaft arbeitet.
Vermissen Sie in Sprockhövel nicht ein wenig Kontinuität. Es ist ja so, dass im Sommer fast immer die halbe Mannschaft ausgetauscht wird.
Natürlich wäre es schon, wenn man eine Mannschaft auch einmal über Jahre hinweg aufbauen könnte, wenn man sich dann im Sommer halt nur punktuell verstärken müsste. So ist das hier natürlich nicht. Aber ich kenne das ja auch nicht anders. Ich war hier vorher Jugendtrainer, und im Nachwuchsbereich ist die Fluktuation noch größer.

Aber warum gibt es denn immer so viele Wechsel in der Seniorenmannschaft?

Wir haben hier viele junge Spieler. Die können sich bei uns auch ins Schaufenster stellen. Und wenn sie eine gute Saison spielen, dann kann es sein, dass auch größere Vereine auf sie aufmerksam werden. Da sind wir dann nicht mehr konkurrenzfähig. Aber natürlich kann der Wunsch zur Trennung auch vom Verein ausgehen. Wenn man nach einer Saison oder auch schon nach einer Halbserie merkt, dass es nicht passt, dann ist ein Wechsel natürlich sinnvoll. Aber es ist bei uns ja nun auch nicht so, dass immer die ganze Mannschaft ausgetauscht wird. Da gibt es schon ein Gerüst mit Spielern wie Tim Oberdorf, Felix Gremme, Tim Dudda, Adrian Wasilewski, Simon Bukowski oder Max Claus. Diese Spieler sind ja schon ein bisschen länger bei uns.

Wie läuft denn eine Neuverpflichtung bei der TSG ab, wer knüpft die Kontakte, wer trifft die Entscheidungen?

Das geht in beide Richtungen. Es gibt Spieler, die den Kontakt zu uns suchen. Es gibt auch Berater, die uns Spieler anbieten. Und natürlich gehen auch wir auf Spieler zu. Wir betreiben zwar kein richtiges Scouting, doch wir kennen uns in den Ligen, in denen es interessante Spieler gibt, gut aus. Manchmal fällt ein Spieler auch in einer Partie gegen uns auf, und dann kann es sein, dass er vielleicht später einmal zu uns wechselt. Die Entscheidung trifft am Ende natürlich der Vorstand.

Aber die Vorschläge kommen von Ihnen?

So war es meistens. Und wenn ich von einem Spieler überzeugt bin, dann versucht der Vorstand, eine Verpflichtung möglich zu machen. Mit Patrick Rohde als neuem Sportlichen Leiter haben wir jetzt aber einen weiteren kompetenten Mann dazu bekommen. Patrick Rohde kennt unseren Verein ganz genau, und er ist natürlich auch ein absoluter Fußball-Experte, der im Laufe der Jahre auch viele und wichtige Kontakte geknüpft hat. Dass Patrick Rohde jetzt dabei ist, ist für mich eine große Entlastung.

Zur aktuellen sportlichen Situation. Wo wird die TSG am Ende der Saison landen?

Wir hatten in dieser Saison große personelle Probleme, und wenn wir zeitig den Klassenerhalt schaffen sollten und einen einstelligen Tabellenplatz erreichen, dann sind wir alle zufrieden.

Ist die Oberliga die richtige Liga für die TSG, war die Regionalliga eine Klasse zu hoch?

Die Oberliga ist die richtige Liga für die TSG.

Die TSG ist punktgleich mit der U 23 von Schalke 04. Und die Schalker sind eigentlich felsenfest davon überzeugt, dass sie am Ende der Saison aufsteigen werden.

Wir denken nicht an die Regionalliga.

Aber zum Aufstieg kann ja schon der vierte Platz reichen, und viele Vereine wollen ja wohl auch gar nicht aufsteigen. Hat die TSG denn einen Antrag auf eine Regionalliga-Lizenz gestellt?

Ich glaube schon.

Also wird doch ein bisschen nach oben geschaut?

Nein, quatsch. Aber ein Lizenz-Antrag ist für uns ja nicht mit viel Arbeit verbunden. Wir müssen da nur die Papiere einreichen. Die Vorarbeiten dafür sind schon in der vorvergangenen Saison geleistet worden. Bei uns hat sich ja nichts geändert. Aber noch einmal: Damit beschäftigen wird uns im Moment überhaupt nicht. Die Oberliga ist für die TSG Sprockhövel die richtige Liga. Und wenn wir am Ende der Saison da stehen, wo wir im Moment stehen, dann sind wird alle glücklich und zufrieden.

 

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Heiner Wilms