1. Mannschaft

Die TSG war nicht chancenlos – im Gegenteil

Beim Tabellenführer war Sprockhövel ganz nah dran an der Überraschung. Aus zwei Gründen stand es am Ende aber nicht 2:2, sondern 3:1 aus Mönchengladbacher Sicht.

Zehn Minuten noch bis zum Anpfiff. Während die Trainer ihren Jungs in den Kabinen die letzten Worte mitgeben, schießen draußen auf dem Feld noch die Ersatzspieler ein paar Bälle aufs Tor – der Sprockhöveler Tim Oberdorf zielt zu hoch und verfehlt nur knapp einen Mönchengladbacher Fan, der gerade ein Banner am Zaun hinter dem Tor aufhängt. „Ihr müsst da rein schießen, nicht drüber“, ruft der Borusse. Oberdorf antwortet: „Wenn wir es besser könnten, würden wir nicht da unten drinstehen.“

Ein kurzer, nicht wirklich ernstgemeinter Wortwechsel, der die folgenden 90 Minuten aber treffend zusammenfasste. Die Partie zwischen Spitzenreiter Mönchengladbach und Schlusslicht TSG endete 3:1, wobei das dritte Tor der Borussia sehr spät fiel. Tim Dudda, der wenige Minuten zuvor den Ausgleich verpasst hatte fand deshalb auch: „3:1 spiegelt das Spiel überhaupt nicht wieder.“ Und er hatte Recht, denn die TSG war lange ganz nah dran an der Überraschung. Zwei Faktoren verhinderten die aber.

Einfache Abwehrfehler

Erstens: Einfache Abwehrfehler. Das Spiel begann wie erwartet, nach fünf Minuten stand es 1:0. Nico Brandenburger durfte ungestört abziehen, verzog. Doch Thomas Kraus stand ganz frei im Strafraum, hielt seinen Fuß in den Ball, der durch die Beine von Robin Benz ins Tor ging. Sprockhövel spielte körperbetont und aggressiv – und fing sich direkt das zweite Tor. Kraus konnte ohne jede Gegenwehr durchs Mittelfeld marschieren, passte auf Feigenspan, der ganz frei einschob. 2:0 nach 13 Minuten. Hätte hässlich werden können.

Wurde es nicht, weil die TSG danach ein richtig gutes Spiel zeigte, das aber durch defensive Unzulänglichkeit zunichte machte: Beim Stand von 2:1 nach 80 Minuten kam Feigenspan an der Mittellinie an den Ball, ließ zwei Blaue stehen, die weder Ball noch Gegner berührten – leichter Abschluss, 3:1, Spiel vorbei.

„Wieder so ein schneller Rückstand, das ist frustrierend“, sagte Andrius Balaika. „Wir hätten trotzdem einen Punkt verdient gehabt.“

Ja. Aber.

Miese Chancenverwertung

Nach dem 2:0 war die Tabellenkonstellation auf dem Feld nicht zu erkennen. Zwei Mannschaften mit einem Altersschnitt um die 22 Jahre, die attraktiv, schnell und technisch sauber Fußball spielten. Gladbach riskierte weniger, die TSG stabilisierte sich defensiv.

Und offensiv hatten die Blauen einen Plan: Kurze, flache, direkte Pässe im Aufbau, dann schnelle Seitenverlagerungen und Schnittstellenpässe, um in den Rücken der Außenverteidiger zu kommen. Meist war noch ein weißes Bein dazwischen, nicht aber in der 24. Minute, als Christian März Jimmy Antwi-Adjej steil schickte, der aber frei vor BMG-Keeper Hiemer Nerven zeigte und den Torwart anschoss – das hätte es sein müssen.

Allerdings konnte sich die TSG auch bei Torwart Benz bedanken, der gleich doppelt gegen Yeboah rettete (34./45.). Bei der Aktion unmittelbar vor der Pause verletzte Benz sich, so dass nach dem Seitenwechsel Sven Möllerke im TSG-Tor stand.

Der war aber überhaupt kein Faktor, denn es spielte fast nur noch die TSG. Gladbach stand minutenlang im eigenen Strafraum, die TSG erarbeitete sich Ecke um Ecke. Die Chancenverwertung aber: mangelhaft. Nur Adrian Wasilewski traf aus 20 Metern nach 56 Minuten, es war die Phase, in der das Schlusslicht den Tabellenführer für eine Viertelstunde an die Wand spielte. Schon vor dem Anschluss waren Polk und März an Hiemer gescheitert (51./53.). Nur eine Minute nach dem 2:1 rutschten gleich drei Blaue im Fünfmeterraum an Cins flacher Hereingabe vorbei (57.). Antwi-Adjejs Schuss wurde abgefälscht (73.) und Tim Dudda schoss Zentimeter am rechten Eck vorbei (76.).

Vier Minuten später war das Spiel entschieden. Andrius Balaika hatte vor dem Spiel über die Borussia gesagt: „Sie stehen hinten kompakt und nutzen vorne eiskalt ihre Chancen.“ Ersteres war für die TSG kein Problem. Aber der zweite Punkt war an diesem Tag der Unterschied zwischen Platz eins und Platz 18.

Philipp Ziser

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